Sackgasse Sanierungspflicht?

Neueigentümer von Altbauten können in Finanzierungsnöte geraten

Eine Immobilie zu erben, ist wie ein Sechser im Lotto? Heutzutage gestaltet sich die Sachlage deutlich komplizierter. Denn wer Neueigentümer einer älteren Immobilie wird, sieht sich einer Sanierungspflicht gegenübergestellt. „Sobald ein neuer Eigentümer im Grundbuch eingetragen wird, tritt die sogenannte Nachrüstpflicht in Kraft“, erklärt Gisela Kienzle von der Verbraucherzentrale Bayern. Eigentümer hätten dann zwei Jahre Zeit, Heizkessel sowie die Dämmung bestimmter Rohre und der obersten Geschossdecke auszutauschen oder nachzubessern.

Eigentümer geraten in Zwangslage

Der Passus ist nicht neu, laut Eigentümerverband Haus & Grund Deutschland ist er seit 2014 im Gebäudeenergiegesetz festgeschrieben. Neu ist die enorm gestiegene finanzielle Belastung, die wegen der Sanierungspflicht auf Eigentümer zukommt – aufgrund der mittlerweile deutlich höheren Anforderungen an die Energieeffizienz eines Gebäudes. Menschen, die gerade alte, schlecht sanierte Häuser per Nachlass erhalten, kommen deshalb heutzutage vielfach in eine finanzielle Zwangslage, weil die Kosten für eine Dämmung und neue Heizung ihre Mittel übersteigen. „Eigentümer standen vor der Frage, ob sie sich ihre Immobilie überhaupt noch leisten können“, erzählt Corinna Merzyn, Hauptgeschäftsführerin des Verbands Privater Bauherren, von den Erfahrungen ihrer Mitglieder. Auch Alexander Wiech, Sprecher von Haus & Grund Deutschland, berichtet Ähnliches: „Tatsächlich nehmen wir wahr, dass Eigentümer verunsichert sind.“ Die Verunsicherung richte sich dabei vor allem auf den größten Kostenfaktor, den einer neuen Heizung. Eigentümer wüssten laut Wiech teils nicht, „wann sie welche Heizung sinnvollerweise einbauen sollten und welche Kosten beziehungsweise weiteren Investitionen damit verbunden sind.“ Denn mit einer neuen Heizung, die einen Anteil von erneuerbaren Energien von 65 Prozent mit sich bringen muss, ist es vielfach nicht getan. „Um etwa eine Wärmepumpe effizient betreiben zu können, sind häufig weitere Investitionen notwendig – wie zum Beispiel der Einbau einer Fußbodenheizung. Dann kann die Gesamtinvestition auch schon sechsstellig ausfallen“, erklärt Wiech. Auch Dämmkosten können empfindlich ins Geld gehen, gerade für Leute, die eben dieses Geld nicht in liquider Form zur Verfügung haben. Abhängig von Dämmungsqualität und Größe der obersten Geschossdecke kann auch das schnell in fünfstellige Bereiche gehen.

Schlupflöcher für Härtefälle

Der Gesetzgeber immerhin hat für Härtefälle Schlupflöcher geschaffen. So entfällt laut Haus & Grund die Pflicht zur Dämmung der obersten Geschossdecke, wenn die Kosten für die Sanierung höher sind als die längerfristig daraus resultierenden Energieeinsparungen. Zudem können Eigentümer von der Sanierungspflicht befreit werden, wenn die notwendigen Investitionen nicht in einem angemessenen Verhältnis zum Wert des Gebäudes stehen. Christoph Kastenbauer